<紀要論文>
孤独化するディレッタント : ブールジェ、マン、カスナーの場合

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概要 In der Literatur der abendländischen Neuzeit kommen Dilettanten als nichtberufsmäßige Künstler oder Kunstkenner ohne fachmännische Schulung vor. Ihresgleichen hat es freilich schon davor gegeben. Scho...n die Sirenenepisode in Homers „Odyssee“ ist eine philosophische Urgeschichte des Dilettantismus. Odysseus erbaut sich dienstfrei von einem privilegierten Standpunkt aus an den schönen Stimmen der Wasserfrauen. Der listenreiche Held ‚entschärft‘ geschickt die betörenden Zauberstimmen der mythischen Wesen und nimmt damit eine Form des modernen Kunstgenusses vorweg. In diesem Sinne handelt es sich bei Odysseus um den Archetyp des modernen Kunstliebhabers. Der Dilettant ist aber eigentlich eine neuzeitliche Figur mit einem problematischen Verhältnis zur Kunst. So hat sich auch das aus dem italienischen dilettare abgeleitete Wort erst im 18. Jahrhundert in Europa eingebürgert. Seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts setzt sich die deutsche Literaturwissenschaft aber nicht nur mit dem Dilettantismus im Klassizismus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, sondern auch im Ästhetizismus der Jahrhundertwende auseinander. Man kann den modernen Dilettanten nicht einfach mit dem älteren identifizieren. Im Lauf der Zeit macht der Typus des Dilettanten eine Wandlung durch. Dieser Aufsatz behandelt die Entwicklung der Dilettantengestalt in Paul Bourgets „Essais de psychologie contemporaine“ (1883-1885), Thomas Manns „Der Bajazzo“ (1897) und Rudolf Kassners „Dilettantismus“ (1910). Paul Bourgets Essay ist nicht nur literatur-, sondern auch zivilisationskritisch. Wie Odysseus auf der Seereise war der neuzeitliche Dilettant auf der Grand Tour. Bourget sieht im früheren Kosmopoliten einen epikureischen Kunstliebhaber oder einen wandernden Dilettanten. Der Dilettantismus im 19. Jahrhundert steht zwar unter dem Einfluss des klassizistischen, beruht aber weniger auf dem Kunstgenuss im Salon als auf der einsamen Kunstkritik. Der neuere Dilettantismus hat weniger mit dem eine Gemeinschaft bildenden Epikureismus zu tun als mit dem eine Gesellschaft bedrohenden Nihilismus. Anstatt des epikureischen, geselligen Kosmopoliten erscheint inzwischen nach und nach ein analytischer, einsamer Dekadent. Den neueren Dilettantismus findet Bourget vor allem in der Literatur von Stendhal und Turgenjew, die zusätzlich zur kosmopolitischen Nuance auch schon die Elemente der Dekadenz betonen. Aber er unterscheidet die beiden Schriftsteller formell dadurch, dass der kosmopolitische Dilettantismus des Franzosen auf der Zivilisation und der des Russen auf der Natur beruht. Ihre Werke sind zwar von „l’esthétique de l’observation“ und dem Nihilismus beherrscht, Stendhal ist aber ein Epikureer, der den zivilisatorischen Lüsten gefrönt hat und nun ‚zurück zur Natur‘ möchte, während Turgenjew wie ein frischer Kosmopolit erscheint, der noch mit einem reinen, slawischen Geist aus dem unkultivierten Dorf in die zivilisatorische Stadt kommt. Bourget erkennt die Umdeutung des Dilettantismusbegriffs vom alten epikureischen Sinn hin zum neueren dekadenten und versteht diese Entwicklung zeitkritisch als Chiffre für die Problematik der europäischen Zivilisation im 19. Jahrhundert. Der junge Thomas Mann steht nicht nur unter großem Einfluss des „Dreigestirns“ Schopenhauer, Nietzsche und Wagner, sondern auch von Bourget, so dass sich die Dilettantismusthematik auch bei ihm literarisch niedergeschlagen hat. In seinen früheren Werken, vor allem „Der Bajazzo“, sind der heitere Epikureer und der nachdenkliche Dekadent geschickt mit autobiographischen Elementen verschränkt. Der Bajazzo ist sowohl in seiner Kindheit in Norddeutschland als auch in seiner Jugendzeit in Italien eine sehr gesellige Natur. Aber als er in „der mitteldeutschen Residenzstadt“ als Zwischenraum von Norden und Süden „ein ungestörtes und beschauliches Dasein“ führen kann, wandelt er sich zu einem einsamen Dilettanten, der eine Zwischenstellung zwischen Bürger und Künstler einnimmt. Diese Verwandlung setzen zwei Episoden in Szene: seine unglückliche Liebe und sein Wiedersehen mit einem alten Freund. Die Erzählung behandelt die psychologische Problematik eines Dilettanten, der kein bürgerliches Leben führt und bloß passiv an der Kunst teilnimmt – mikroskopisch gesehen, den persönlichen Niedergang eines unaktiv gewordenen Kunstliebhabers, makroskopisch gesehen, ein Anzeichen der pathologischen Dekadenz seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. „Der Bajazzo“ zeigt die Verschiedenheit der Namengebung. Er ist in der zweiten Hälfte des Werkes kein Spaßvogel mehr, der Leute zum Lachen bringt, sondern ein Spaßverderber, der selbst ausgelacht wird. In seinem Geständnis steht seine persönliche Entwicklung im Vordergrund, die Umdeutung des Dilettantismusbegriffs im Hintergrund. Dennoch ist er in dieser Erzählung wichtig, als Ausdruck der Verschiedenheit zwischen dem aufgeschlossenen, geselligen Dilettantismus im 18. Jahrhundert und dem ‚verschlossenen‘, vereinsamten im 19. Jahrhundert. Thomas Manns Literatur beginnt zu dieser Zeit, die Umwertung des Dilettanten poetisch herauszukristallisieren. Während der alte Dilettantismus auf dem Kosmopolitismus der Grand Tour beruht, hat der neuere Dilettantismus die individualistische Dekadenz als Grundlage. In seinem Langessay „Dilettantismus“ beschreibt Rudolf Kassner in einer psychologischen und kulturkritischen Perspektive den Dilettantismus seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Ergebnis des modernen Individualismus und den vereinzelten Dilettanten als Typus des modernen Menschen ohne Größe. Mit diesem Begriff hat, nach Kassner, der Künstler, der mit „Maß“ die Einheit von Innen und Außen verkörpert, zu tun, nicht der Dilettant, der ohne Maß wie ein Mischling im Zwiespalt lebt. Das Maß ist als Schlüsselwort für die von Kassner entworfene mystische Physiognomik nicht aus dem angehauchten spiritus, sondern aus dem aus mensurare stammenden Wort mens abzuleiten. Kassner stellt fest, dass das Maß oder die Einheit oder die All-Einheit sowohl mit dem menschlichen Wuchs als auch makroskopisch mit der Entwicklung der Menschheit verloren geht. Man soll sich mit einem Selbst-Maß messen und sich wieder vereinigen, anders gesagt, mit Hilfe der Einbildungskraft Innen und Außen von neuem integrieren. Dieser Vereinigung steht, nach Kassner, der moderne Individualismus oder der neuere Dilettant am fernsten. Kassner sieht nämlich im individualistischen Dilettantismus eine existenzielle Lebensproblematik der modernen Gesellschaft mit ihrem vermeintlichen Fortschritt und im neueren Dilettanten, mit seiner Affinität zur Dekadenz, einen Prototyp des modernen Lebens. Für Kassner besteht die Dekadenz des modernen Dilettanten in der uneinheitlichen Lebensweise, alles aufzunehmen. Die Unterscheidung von Künstler und Dilettant in „Dilettantismus“ entwickelt sich später in seiner Physiognomik zur Differenzierung der all-einheitlichen Identität von der streng in Innen und Außen gespalteten Individualität, analog zur Unterscheidung von Gesicht und Maske. In diesem Sinne handelt es sich bei seinem Essay um den Vorläufer seiner gesamten späteren physiognomischen Weltanschauung.続きを見る
目次 一 ディレッタントの変容 二 ポール・ブールジェ 三 トーマス・マン 四 ルードルフ・カスナー

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登録日 2013.06.01
更新日 2021.03.03

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